Flugvorbereitung/Bloß nicht...
Bloß nicht...

Wie überall gibt es auch beim Fliegen in Frankreich ein paar klassische „Do’s & Don’ts“. Hier die „Don’ts“:

Bloß nicht…

... denken, man könne ohne eine gewisse Vorbereitung "mal eben" nach deutschem Strickmuster nach Frankreich fliegen. Das Land ist zwar fliegerisch insgesamt ein Paradies; das heißt aber nicht, dass es nicht doch einige abweichende und recht spezielle Regeln gibt. Dies gilt z.B. generell für die Verfahren an unkontrollierten Plätzen. Aber auch die Ausführungen der AIP zu den einzelnen Plätzen sind teilweise sehr detailliert und speziell und es gibt doch auch zahlreiche Einschränkungen, PPR-Anforderungen, etc. Also: Vorbereitung!

... sich von der komplexen Luftraumstruktur abschrecken lassen. Es ist wirklich in der Praxis nicht halb so wild wie auf den Karten aussieht. Durch die meisten kontrollierten Lufträume wird man wie selbstverständlich durchgecleart; die werden quasi eher wie RMZs gehandhabt. Ähnliches gilt sogar für viele Beschränkungsgebiete. Gleichzeitig sollte man aber auch nicht allzu nachlässig werden, nach dem Motto "FIS regelt das schon". Mehr dazu aber im Abschnitt "Luftraumstruktur". Es gilt eben auch: bloß nicht...

… die zahlreichen Beschränkungs- und Flugverbotsgebiete allzu sehr unterschätzen. Insbesondere sind hier neben der militärischen Tiefflugstrecken (RTBA) auch die Verbotszonen über den französischen Kernkraftwerken zu nennen. Da wird gar kein Spaß verstanden. Zu diesem Punkt gehört: bloß nie die NOTAMs und vor allem auch die zahlreichen AIP SUPs vernachlässigen. Dies gilt eigentlich überall gleichermaßen, aber insbesondere in Frankreich werden wirklich häufig temporär zusätzliche beschränkte und verbotene Lufträume eingerichtet, über die man dann erst durch ein gründliches NOTAM-Briefing bzw. die Durchsicht der gültigen AIP SUPs erfährt.

... die Mittagspause vergessen. Wer keine entsprechende Tankkarte hat, kann dann meist für ein bis zwei Stunden keinen Treibstoff bekommen. Mehr noch: der TWR bzw. AFIS ist dann häufig nicht besetzt, d.h. wer keinen A/A-Funk auf Französisch machen kann, hat für Start bzw. Landung dann schlechte Karten.

... überhaupt gilt: man kann in Frankreich was die Spritplanung angeht nicht einfach irgendwo hinfliegen und dann erwarten, dort auch definitiv und sofort Sprit zu bekommen, nur weil dies in der AIP so verzeichnet ist. Das gilt insbesondere für die kleinen Plätze ohne (aktiven) TWR oder AFIS. Hat man keine passende Tankkarte, bzw. gibt es keinen Kreditkartenautomaten, braucht man stets Personal - und dies gibt es bekanntlich an vielen kleineren Plätzen gar nicht permanent.

... erwarten, dass man an Flugplätzen stets etwas zu essen bekommt. In Frankreich hat schlicht nicht jeder gut ausgebaute Landeplatz ein Restaurant (so wie im Prinzip in Deutschland). Außerdem schaffen es viele Flugplatzrestaurants in Frankreich, ausgerechnet am Wochenende geschlossen zu sein. Manche machen außerdem einfach im kompletten August zu. Wer wirklich sicher gehen möchte, erkundigt sich vorab telefonisch bei dem entsprechenden Flugplatzrestaurant (und reserviert auch einen Tisch!); knurrende Mägen und lange Gesichter sind sonst vorprogrammiert! Ach ja, und man sollte natürlich auch nicht erwarten, um 15 Uhr etwas warmes zu Essen zu bekommen. Meist ist sogar schon um 14:00 Uhr definitiv Schluss mit essen. Da sind die Franzosen sehr uhrzeitverliebt. Auch abends gilt: Vor 19:30h und nach 21:30h bekommt man (außer natürlich in ausgesprochenen Touristengegenden) nichts mehr zu essen.

... denken, Flugplätze seien "geschlossen", wenn kein AFISO oder TWR-Lotse (mehr) da ist. Das ist "deutsche Pilotendenke" und nicht der Fall. Die meisten Plätze in Frankreich dürfen auch völlig unbesetzt rund um die Uhr angeflogen werden! Mehr dazu unter "Französische Besonderheiten".

... denken, alle Plätze ohne ATS seien "FR-only". Das Gegenteil ist der Fall: die meisten Plätze komplett ohne ATS (d.h. die absolute Mehrheit aller Plätze in Frankreich) lassen legal auch das Funken auf Englisch grundsätzlich zu.

... per se of "FR-only"-Plätze verzichten. Man verpasst sonst gewisse sehr schöne Flugplätze. Man braucht für diese auch keine LP in Französisch, sondern lediglich passable Französischkenntnisse! Mehr dazu unter "Sprechfunk in Frankreich".

... [gilt für Piloten, die KEINEN Flugfunk auf Französisch machen können:] bloß nicht die Betriebszeiten des TWRs bzw. des AFIS mißachten! Speziell an kleineren Plätzen sind die teilweise etwas sparsam, weil oft nur an den Flugplanzeiten der (teilweise sehr wenigen) kommerziellen Flüge ausgerichtet. Zwar darf man in Frankreich auch ohne aktiven ATS fliegen, aber der Funk muss dann auf Französisch stattfinden. Außerdem hat man, wenn kein AFISO da ist, häufig keine Möglichkeit zu tanken, niemanden der beim Taxi rufen hilft, etc. Also: immer gut die AIP/VAC und die NOTAMs prüfen und hinsichtlich der Betriebszeiten des jeweiligen ATS-Dienstes achten!

... vergessen (oder einfach ignorieren), dass man bei Plätzen OHNE aktivem Tower oder AFIS generell vor dem Einflug in die Platzrunde verpflichtet ist, ein "overhead"-Manöver zu fliegen. Also nicht einfach rein in den Gegenanflug. Das nehmen die Franzosen wichtig. Selbst bei IFR-Anflügen ist es dann verpflichtend, nach Sichten des Flugplatzes zunächst overhead zu fliegen, die Platzgegebenheiten zu prüfen und sich in die normale Platzrunde einzufädeln.

... vergessen, insbesondere an Plätzen ohne ATS den Luftraum nach Verkehr zu beobachten. Insbesondere ULs fliegen in Frankreich leider häufig kreuz und quer und funken sehr wenig.

... vergessen, nach der Landung auf einem Platz ohne aktivem ATS den (ggf. aufgegebenen) Flugplan zu schließen. Das ist in der Praxis tricky, denn obwohl man während des Anflugs meist noch daran denkt; sobald der Motor steht hat man meist anderes im Kopf. Dennoch: erstmal (meist telefonisch) den Flugplan schließen (siehe dazu auch den Abschnitt "Flugpläne & NOTAMs)!

.... an Regionalflughäfen landen oder starten, während gerade eine Ryanair o.ä. abgefertigt wird. Gerade in Frankreich gehen solche Plätze dann nämlich ziemlich in "Tilt". Man darf sich dann kaum bewegen, muss mit spürbaren Verzögerungen rechnen, etc. Manche Leute machen es so, dass sie vorab den Linien-Flugplan des entsprechenden Airports checken und den Flug so zu planen, um nicht mit diesen ins Gehege zu kommen. Andere mögen das für übertrieben halten - und müssen etwaige Verzögerungen dann unter "Pech" verbuchen.

... in die Mietwagenfalle geraten. Zum ersten ist es so, dass an vielen etwas kleineren Flughäfen die Mietwagenbüros nur bei Ankunft von Linienmaschinen geöffnet sind. Wenn man also Pech hat, ist ohne Vorbestellung alles zu. Und selbst wenn einer der Schalter offen hat, ja dann.... bekommt man oft Mondpreise präsentiert. Also: immer vorbestellen (wenn auch nur am gleichen Morgen); eher nie versuchen, spontan einen Wagen zu mieten. Sonntags haben viele Mietwagenagenturen, gelegentlich sogar selbst an etwas größeren Flughäfen, komplett geschlossen (z.B. in La Rochelle). An vielen kleineren Provinzflughäfen gibt es seit ein paar Jahren leider gar keine Mietwagenvertretungen mehr. Das hat u.a. damit zu tun, dass Frankreich entschieden hat, Airline-Inlandsflüge aus Klimagründen weitgehend zu verbieten. Kein Airline-Verkehr bedeutet natürlich auch fast immer: keine Mietwagen. Teilweise kann man aber in Frankreich mit gewissen Car-Sharing Diensten Geld sparen bzw. vor allem kann man damit Autos and Orten bekommen, wo es keine kommerziellen Mietwagen gibt. Getaround (früher: Drivvy) und Turo (früher: ouicar) heißen die Anbieter; mit beiden habe ich mehrfach absolut gute Erfahrungen gemacht.

... Taxikosten unterschätzen und Taxiverfügbarkeiten überschätzen. 50 Euro für 5-10 Kilometer Fahrstrecke vom Flugplatz in die nächste Stadt sind ganz schnell mal weg. Grob gesagt kostet das Taxifahren fast das Doppelte wie in Deutschland. Wenn es geht, stets auf alternative Transportmittel ausweichen (erstaunlich viele Plätze in Frankreich haben recht ordentliche Bus- und Regionalbahnanbindungen). Dort wo verfügbar kann man in Frankreich anstatt Taxi auch UBER oder Bolt nutzen und so einiges an Geld sparen. Zum Glück werden das immer mehr Städte. Auf ländlichen Plätzen und in kleinen Städten ist Taxi aber immer noch oft die einzige Option. Das nächste Problem dabei: oft ist es schwierig oder gar unmöglich, überhaupt ein Taxi zu bekommen, selbst wenn man mehrere Nummern zur Hand hat. Das ist deutlich anders als in Deutschland. Der Fahrer entscheidet, auf welche Tour er wann Lust und auf welche nicht! Und so hängt man manchmal fest. Tipp in der Not: wenn man schon ein Hotel gebucht hat, dieses anrufen und beauftragen, eins zu schicken (oder freundlicherweise selbst zu kommen, das funktioiert zumindest bei Familienbetrieben manchmal).

… den kulturellen Unterschied zwischen Nord- und Südfrankreich vergessen. Im Süden geht alles viel gelassener zu. Die Leute sind, sagen wir, etwas "unzuverlässiger". Man sollte sich mit dem eigenen Tempo diesen Umständen etwas anpassen, um die Sache auch geniessen zu können. Dazu gehört natürlich die dort besonders heilige Mittagspause. Außerdem sollte man das Wohlstandsgefälle nicht ganz vergessen; Diebstähle sind tief im Süden (Marseille, etc.) gegenüber die Touristen nichts gänzlich Ungewöhnliches.

... in Paris Le Bourget landen. Kostet ca. 600 Euro! Auch Nizza ist ähnlich und Marseille ist mit ca. 300 Euro auch noch ziemlich teuer. Das gilt auch für Nantes und Toulouse-Blagnac, wenn man einen der kommerziellen Handling-Agents benutzt.

… die Berge des Zentralmassivs unterschätzen. Auch dort kann es großflächig bis auf ca. 6000 Fuß hochgehen. Die dadurch entstehenden Winde und Turbulenzen können sehr heftig sein. Außerdem besteht dort im Sommer natürlich erhöhte Gewittertendenz.

....den Wind im Rhônetal, der Provence und im Roussilion unterschätzen. An geschätzt knapp 300 Tagen im Jahr pfeift in Teilen Südfrankreichs ein ca. 20 Knoten starker Bodenwind über's Land. In ein paar tausend Fuß Höhe sind es dann oft 40-50 Knoten. Da ist zum einen im Rhonetal der Mistral. Dieser ist vor allem bei der Flugplanung bei Heimflügen des Rhônetal nordwärts zu beachten. Außerdem sollte man in diesen Gegenden bei Flügen mit leichten Flugzeugen stets Verankerungsmaterial mitbringen.

... die Nebelgefahr entlang der Nord- und Westküsten Frankreichs unterschätzen. Insbesondere bei Sonnenschein und vor allem im Frühling und Sommer besteht am Kanal und am Atlantik hohe Seenebelgefahr. Die Besondere ist, dass diese Gefahr kaum vorhersagbar ist; aus einem stahlblauen Himmel kann innerhalb von Minuten absolutes IMC werden. Dies bitte bei der Spritplanung stets berücksichtigen (Alternate!).

...Strecken unterschätzen. Frankreich ist ein riesiges Land. Strecken quer durchs Land können sehr lang werden (und auch schon mal etwas langweilig, denn es gibt hier und da Gegenden im Innern von Frankreich, die landschaftlich sehr eintönig sind).

.... die sommerliche Hitze im Süden des Landes, vor allem landeinwärts (Zentralmassiv, etc.) zu unterschätzen. 40 Gras Celsius sind keine Seltenheit. Und dann macht Sightseeing, Wandern etc., aber auch Fliegen meist keinen großen Spaß mehr.

... am späten Abend in unbekannten Vierteln französischer Großstädte (außerhalb von Toruistengebieten) umherlaufen. Ist leider so.

.... die französische Sommerferiensaison unterschätzen. Diese beginnt Ende Juli und geht bis in die letzte Augustwoche oder erste Septemberwoche. Nun kann man natürlich nicht pauschal empfehlen, Frankreich in dieser Zeit komplett zu meiden; schließlich ist das nahezu der gesamte Hochsommer. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die touristisch bekannten Ziele (sowie sämtliche Küsten) in dieser Zeit - vor allem im August - recht überlaufen sind und es manchmal schwierig ist, kurzfristig noch Hotelzimmer, Mietwagen, etc. zu bekommen. Auch viele Flugplätze in Meeresnähe haben dann strikte PPR-Regelungen für's Parken, etc. (NOTAMs checken!). Auch Städtebesuche sollte man in der Zeit meiden; abgesehen von der Hitze ist es nämlich so, dass diese im August ziemlich ausgestorben sind und zum Teil eine merkwürdige Stimmung herrscht (zumindest in Nicht-Touristenstädten); viele Restaurants etc. sind dann zu. Außerdem sollte man ggf. den 14. Juli (Nationalfeiertag!) meiden, dann auch da sind Hotels, Mietwagen, Restaurantplätze etc. teilweise rar. Um diesen Tag herum gibt es außerdem im Pariser Raum immer ein großes Flugsperrgebiet.

... und zu guter letzt gilt auch hier: nicht allzu sehr den "Deutschen" heraushängen lassen. Resentiments Deutschen gegenüber sind immer noch relativ weit verbreitet. Freundlichkeit sowie wenn möglich ein paar Worte auf Französisch (nicht nur "bonjour" und "merci") wirken meist Wunder.


© Philipp Tiemann